Miss Patty stand wie üblich rauchend in der Tür Ihrer Ballettschule. Im Inneren der Schule übten einige Tänzer und obwohl Miss Patty ihre Blicke nicht von der Straße ließ, schien sie doch genau zu wissen, was sich hinter ihrem Rücken abspielte:
„Rebecca, bitte mit etwas mehr Schwung und schau nicht so gelangweilt, als ob du Nacktschnecken zählen müsstest“.
Ich hob grüßend meine Hand als Miss Patty in meine Richtung schaute.
„Mmh, was haben wir den da Schnuckeliges?“ fragte sie.
„Oh“, entgegnete ich, „das ist doch nur ein neuer Pullover, den mir Mrs. Kim aus der Gemeindesammlung mitgebracht hat“.
Dann bemerkte ich, dass ihr Blick haarscharf an mir vorbei ging und sie irgendetwas hinter mir fixierte. Ich drehte den Kopf und sah Kirk mit ausgestreckten Armen und einer Wünschelrute in den Händen vorbeigehen. Kirk? Doch dann erblickte ich Miss Pattys wirkliches Objekt der Begierde: ein junger Mann, Mitte 20, in Lederjacke und Jeans, der mich unwillkürlich an James Dean erinnerte. Er redete mit Shane, die in dem kleinen Kosmetiklädchen arbeitete und durchsuchte währenddessen die Taschen seiner Jacke, vermutlich nach Zigaretten. Ich hatte ihn noch nie in Stars Hollow gesehen.
„Scheint ein Bekannter von Shane zu sein“, wandte ich mich wieder an Miss Patty, doch sie hatte augenscheinlich das Interesse an dem fremden jungen Mann verloren und sich seitwärts gedreht.
„Gott, was gäbe ich dafür, nochmal 20 zu sein!“, murmelte sie in Gedanken.
Da sie anscheinend keine Antwort erwartete, ging ich weiter. Nach ein paar Schritten stieß ich wieder auf Kirk.
„Na, ist die Wassersuche erfolgreich?“ fragte ich ihn.
Er sah mich verständnislos an: „Wasser?“.
„Na, wegen der Wünschelrute. Damit kann man Wasseradern finden“.
„Ich verstehe!“ Seine Augen fixierten mich. „Sind sie ganz sicher?“ wollte er wissen.
„Ja“ entgegnete ich knapp.
„Shane hat einen neuen Freund“, teilte er mir übergangslos mit. „Er kommt aus Hartford und sieht aus wie James Dean“, fuhr er fort.
„Das ist mir auch aufgefallen“, nahm ich den Faden auf. „Die beiden stehen übrigens gleich da hinten“. Ich deutete über meine Schulter.
Doch Kirk hörte mir nicht mehr zu. „Wasser“ brabbelte er leise vor sich hin, drehte sich um und ging. Anscheinend hatte heute niemand Lust auf eine längere Unterhaltung mit mir.
Als ich zu Hause ankam, war meine Frau gerade im Garten mit Blumengießen beschäftigt.
„Na, wo warst Du?“, wollte Mrs. Kim wissen.
„Jenseits von Eden“ antwortete ich.
Sie schaute mich mit hochgezogenen Brauen an: „Welches der drei Getreidebällchen, die Du heute Mittag gegessen hast, ist dir nicht bekommen?“, wollte sie wissen.
„Shane hat einen neuen Freund“, versuchte ich zu erklären.
„Ah, der junge James-Dean-Typ!“ nickte sie wissend, während in ihren Augen plötzlich der kleine Schelm aufblitzte, den ich viel zu selten sehen durfte. „Was gäbe ich dafür, nochmal 20 sein“, sagte sie lächelnd.